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Dienstag, 28. September 2004

Die goldene Stadt...

Prag ist inzwischen neues Beispiel für die Wirkung der westlichen Kultur, des Neoliberalismus. Ist das „Kultur“? Lassen wir Definitionsfragen außen vor.
Wenn ich damals durch Prag gelaufen bin, sagen wir, vor fünf Jahren, sah ich, wie die goldene, altehrwürdige Stadt langsam aus einem Dornröschenschlaf eines real existierenden Sozialismus zu erwachen begann. Touristisch und wirtschaftlich gesehen. Inzwischen vibriert die Stadt unter den Fußtritten der Touristen, welche die Fassaden der Geschichte Millionen male abgelichtet haben. Die Karlsbrücke bei Tag zu begehen ist reine Anstrengung. Ebenso die engen Gäßchen, die zu der Brücke führen. Dort, wo früher Handwerker lebten und arbeiteten steht heute jeder Plunder, angereiht zum Konsum für tumbe Touristen. Matroschkas mit Politiker- oder Fußballergesichtern. Altehrwürdig ist das nicht. Diese Stadt, zumindest der seit Jahrhunderten bestehende Kern, der diese gewisse Ehrwürdigkeit ausmacht, kann sich nicht wehren, sondern fällt der unternehmerischen Ausbeutung zum Opfer, welche die erinnernde Fassade gerade für ihre Zwecke ausnutzt.
Eine Gasse jedoch, deren historischer Wert nicht von Kleinhändlern unterminiert wird, wurde bei der Anwesenheit des Autors gerade von einer Gruppe Amerikaner belagert. Die standen am Eingangstor, vor zwei Kartenabreißern. An diesem Tag lag der Eintrittspreis für das goldene Gässchen bei 50 tschechischen Kronen. Ein für uns ungewohnter Anblick in Prag. Die EU-Erweiterung scheint den Amerikanern endlich die Sicherheit zu geben, dass der unkultivierte Bolschewismus sich langsam in den hinterletzten Winkel des Urals verzogen haben muß. Platz für die Ehrwürde!
Ein anderer, Ort in der Stadt mit junger Geschichte, über den sich in Hinsicht auf Ehrwürde streiten läßt: Der Wenzelsplatz. Insbesondere bei Nacht, wenn sich an beiden Seiten des Wenzelsplatzes, Nightclubs und Casinos aufreihen und bulgarische Mädchen nun auf Freier warten, sieht man nur den progressiven Westen. Die Mädchen sprechen uns an: "Want to come with us? Hotel? Everything, 1500!" "You two together?" Sie schauen sich an und die größere ergreift das Wort. "1500 each...", und schnell fügt die Kleinere hinzu: "only 600 for a blow job!" Dann kam irgendwann die Frage nach ihrer Herkunft. Alter? "Twenty" Sicher kaum.
Haben die Prager Studenten im August 1968 hier für diese Freiheit gekämpft? Die Gedenktafeln, eingehüllt in Bauplane, waren selbst am Tage nicht erkennbar. Ein Ort, an welchem drei junge Männer umringt von sowjetischen Panzern sterben mußten. Dafür, daß Prag, ihr Vaterland und jeder ihrer Landsleute sich ebenso prostituiert wie diese zwei jungen Bulgarinnen?
Vielleicht scheint sich die Stadt aber auch nie verändert zu haben: Man sollte sie wohl doch von beiden Seiten anzünden, wie Kafka einst meinte.

www.sinneinheiten.de
EcceHomo - 28. Sep, 23:00
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ausgeräumt...

...ich habe es ihr geschrieben, nicht gegeben aber erzählt. Das kommt auf das Gleiche raus. Eine Liebe beenden, solange sie zart ist.

Über mein Zuhause habe ich gestern geschrieben. Als ich auf einer Anhöhe stand und nachts über das Thüringer Becken blickte. Alles war mir. Alles war vertraut. Heimat, zuhause. So fühlte es sich an. Doch ich habe mich gefragt, wo das Zuhause denn eigentlich liegt. Wenn es einst meine geographischen Wurzeln waren, wurde der Begriff von einer Frau neu definiert. Das war vor drei Jahren. Doch ein Zuhause dort, wo die Liebe ist, hatte mir nicht genügt. Ich habe es in mir selbst gesucht - und mich damit freigesetzt. Frei von allen Zwängen, die man sich selbst auferlegt oder auferlegen läßt.
Für einen langen Moment hatte ich eine neue Definition von "Zuhause" alleine gesucht... Habe mit Sicherheit dafür bezahlt und bekam eine neue Chance. Ich wollte sie wahrnehmen, wieder Zuflucht bei einem Menschen suchen... doch ich konnte nicht.
Noch immer kann ich nicht. Deshalb habe ich es ihr gesagt. Allein, nicht einsam, werden meine Kreise weiter gezogen.
Ankommen sollte ich irgendwo. Warum "sollte" ich eigentlich? Ich will nicht. Selbst meinem Richter habe ich meine Weltsicht erklärt. Habe vor ihm meine Ausbildung in Frage gestellt. ...
EcceHomo - 28. Sep, 20:30
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